Intelligente Bots als schlaue Lösung?

Chatbots
Fachartikel

Die Kommunikation im Kundenservice ändert sich und beschränkt sich längst nicht mehr auf Telefonate, Briefe und E-Mails. Mittels KI gewinnen Chatbots zunehmend an Bedeutung – das Kundengespräch wird also mit einem KI-Partner geführt, anstatt mit einem Servicemitarbeiter.

Ein Strauß voller Möglichkeiten

„Immer im Gespräch bleiben!“ – Dieser Leitspruch gilt heutzutage nicht mehr nur für die unzähligen Stars, Sternchen, Influencer oder Lokalpolitiker, die uns auf verschiedenen Kanälen beinahe ununterbrochen über Neuigkeiten aus ihrem Leben informieren. Er gilt ebenso für alle serviceorientierten Unternehmen, die Wert auf Kundennähe legen und ihre Customer Journey perfektionieren wollen. Die alte Devise „Click, buy and forget“ gehört längst der Vergangenheit an. Einerseits, da Unternehmen ihre Kunden stets über Produktneuheiten, aktuelle Angebote und Aktionen auf dem Laufenden halten möchten. Andererseits, weil auch vonseiten der Bestands- und potenziellen Neukunden nach dieser Kommunikation verlangt wird.

In den vergangenen drei Jahrzehnten hat sich die Bandbreite der hierfür bereitstehenden Kommunikationsmöglichkeiten dramatisch erweitert. Herkömmliche Optionen, wie der persönliche Kontakt, Briefe, Telefonate und Faxe, wurden um E-Mails, Chats oder Social-Media-Posts ergänzt. Mitunter werden die Kanäle gar in einem wilden, unvorhersehbaren Mix durcheinandergewirbelt.

Wie aber reagieren Unternehmen auf die neuen Anforderungen im Bereich der Kundenkommunikation? Gibt es neben dem schlichten Angebot, über einen speziellen Kanal in Verbindung zu treten, weitere Technologien und Methoden, um die Kontaktaufnahme und die Kommunikation sowohl für den Kunden als auch das Unternehmen möglichst gewinnbringend zu gestalten? Glücklicherweise lässt sich diese Frage mit einem entschiedenen „Ja!“ beantworten. Dabei ist jedoch zu beachten, dass jeder der zahlreichen Kommunikationskanäle einzeln betrachtet werden muss, um jeweils dafür maßgeschneiderte Lösungen entwickeln zu können. Grundsätzlich lassen sich Kommunikationskanäle in zwei Klassen unterteilen: synchrone und asynchrone. Kunden, die über synchrone Kanäle Kontakt aufnehmen, erwarten zumeist eine umgehende Reaktion: Anrufe sollen bitteschön sofort entgegengenommen werden. Bei Chatanfragen – per Webchat oder Messenger App über das Smartphone – wird eine schnelle, bestenfalls sofortige Antwort vorausgesetzt. Und natürlich erwartet der Kunde auch im persönlichen Kontakt, zum Beispiel dem Besuch einer Geschäftsstelle, dass er zügig und zufriedenstellend bedient wird.

Zu den asynchronen Kanälen zählen Briefe, Faxe, aber auch E-Mails oder Social-Media-Posts. Auch hier werden selbstverständlich Reaktionen erwartet, jedoch müssen diese nicht unmittelbar erfolgen. Stattdessen scheint eine gewisse Verzögerung nicht nur toleriert, sondern in der Regel sogar erwartet zu werden. Bei der klassischen Briefanfrage ist diese Wartezeit wohl am höchsten (zum Teil vergehen Wochen bis zum Erhalt der Antwort). Bei E-Mails liegt die akzeptierte Dauer schon deutlich niedriger (eher Tage) und auf manchem Social-Media-Kanal wird gar eine noch schnellere Reaktion erwartet (sogar Stunden).

Bots als Helfer im synchronen Kundendialog

Der Übergang zwischen synchronen und asynchronen Kanälen ist insbesondere an der Schwelle zwischen Chat und Social Media fließend. Im Folgenden liegt der Fokus auf synchronen Kanälen. Hier stehen Unternehmen vor der Herausforderung, einem hohen Kunden- und dem eigenen Serviceanspruch gerecht zu werden. Sie müssen ausreichend kompetentes Personal bereithalten, um auf Kundenanfragen nicht nur angemessen, sondern auch möglichst schnell reagieren zu können.

Zahlreiche Firmen begegnen dieser Herausforderung, indem sie ihren Kunden in bestimmten Situationen einen künstlich intelligenten Ansprechpartner zur Verfügung stellen. Sogenannte Bots sind in der Lage, sowohl Telefonate zu führen als auch per Chat in den Kundendialog zu treten.

Grundsätzlich basiert die Dialogführung auf beiden Kanälen – Sprache und Text – auf einem nahezu identischen Prinzip. Lediglich in der Vorverarbeitung der Eingabe sowie in der Aufbereitung der Ausgabe gibt es größere Unterschiede: Während der Sprachbot in der Eingabe mit nuschelnden Anrufern oder Dialekten zu tun hat, muss der Chatbot mit Rechtschreibfehlern und symbolischen Eingaben (Emojis) umgehen können. Bei der Ausgabe muss der Sprachbot wiederum darauf achten, dass diese sehr schnell erfolgt, da im Telefonat schon kürzeste Pausen als unangenehm empfunden werden. Der Chatbot hingegen sollte Botschaften symbolisch signalisieren und übermitteln können, sofern dies gewünscht ist.

Demzufolge hat jede dieser beiden Varianten der Mensch-Maschine-Kommunikation ihre eigenen Besonderheiten. Im Mittelpunkt dieses Beitrags steht der Chatbot sowie die Chancen und Risiken, die mit seiner Integration in den Kundendialog verbunden sind.

Die Kunst der Gesprächsführung

Zunächst stellt sich die Frage, wie die Kommunikation per Chat überhaupt abläuft. Klassischerweise wird das Gespräch hier durch den Kunden initiiert, der eine entsprechende Anfrage an das Unternehmen sendet. Die Kontaktaufnahme ist an die Erwartungshaltung geknüpft, eine schnelle Antwort zu erhalten. Konzeptuell ist an dieser Stelle übrigens gleichgültig, ob es sich bei dem antwortenden Ansprechpartner um einen Menschen oder einen Automaten handelt. Ein freier Ansprechpartner wird die Chat-Anfrage annehmen, den Kunden im Sinne des Unternehmens begrüßen und sich mit einer gezielten Frage nach dessen Anliefen erkundigen. Ausgehend von der Antwort des Kunden entspinnt sich daraufhin ein Dialog, im Rahmen dessen sein Anliegen genauer definiert wird und alle Rahmendaten für die Erfüllung dieses Anliegens zu klären sind.

Die Dialoge verlaufen immer in den gleichen Schritten. Während der Chatbot Informationen preisgibt und weiterführende Fragen stellt, liefert der Kunde Antworten und trifft – falls nötig – Auswahlen. Darüber hinaus zieht der Chatbot ergänzende Informationen aus Backendsystemen und kann darauf basierende Entscheidungen treffen, die für die Dialogführung wichtig, manchmal sogar elementar sind. Wenn ein Kunde sich beispielsweise nach dem Verbleib einer sehnsüchtig erwarteten Bestellung erkundigt, erfragt der Bot die zugehörige Auftragsnummer und prüft anhand dessen den Lieferstatus. Sofern auch eine Nummer zur Sendungsverfolgung vorliegt, kann diese ebenfalls übermittelt werden, sodass der Kunde sich selbstständig über den weiteren Fortgang seiner Bestellung informieren kann.

Wie tickt der Bot?

Um zu erfahren, welche Technik den Chatbots die intelligente Dialogführung ermöglicht, ist ein Blick hinter die Fassade unumgänglich. Auch hier lassen sich grundsätzlich zwei Varianten unterscheiden. Entweder ist der Verlauf des gesamten Dialogs manuell durchgestaltet, sodass der Chatbot letztlich nur ein Dialogskript abarbeiten und dabei einer strikten Wenn-Dann-Logik folgen muss. Oder der Bot stützt sich auf spezielle Algorithmen des maschinellen Lernens, um auf Grundlage einer möglichst breiten Informationsbasis passende Antworten zu geben. In diesem Fall wird häufig von Künstlicher Intelligenz (KI) gesprochen, auch wenn das Schlagwort durchaus auf beide Varianten der automatisierten Dialogführung zutrifft.

Natürlich haben beide Typen jeweils ihre Vor- und Nachteile. Im Falle der geskripteten Variante stehen die Betreiber des Bots vor der Herausforderung, alle Eventualitäten in den Dialogverläufen vorherzusehen und adäquate Reaktionen zu planen. Dabei sollten sich Wortwahl und logischer Ablauf nicht an den unternehmensinternen Gepflogenheiten orientieren, sondern möglichst aus der Perspektive eines Kunden konzeptioniert werden, dem es an umfangreichem Wissen zu internen Abläufen und Zusammenhängen fehlt.

Wer dagegen auf selbstständig lernende Bots setzt, steht vor einer ganz anderen Herausforderung. In diesem Fall muss eine ausreichend große Datenmenge vor- und aufbereitet werden, aus welcher der Chatbot sein Wissen nähren kann. Hierzu könnten beispielsweise bestehende, von Mitarbeitern geführte Chatdialoge gesammelt und analysiert werden. In der Nachbearbeitung wäre dann manuell zu vermerken, ob die einzelnen Dialogschritte jeweils als korrekt oder falsch einzustufen sind. Aus den dabei erzeugten Daten kann der Algorithmus im nächsten Schritt lernen, wie er sich zukünftig in vergleichbaren Situationen verhalten soll.

Wird ein solcher Chatbot mit automatisch angelerntem Verhalten dann praktisch eingesetzt, besteht die Chance, dass er sich – ähnlich dem berühmten Münchhausener Lügenbaron – an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zieht. Soll heißen, dass von ihm geführte Dialoge gespeichert und einzelne Dialogschritte von Mitarbeitern bewertet werden, um die Datenbasis zu vergrößern und die Zuverlässigkeit des Bots zu verbessern. Hat sich der Chatbot jedoch erst einmal darauf versteift, gewisse Situationen stets falsch zu behandeln, so lässt sich das erlernte Fehlverhalten – anders als bei der geskripteten Version – nicht so einfach unterbinden. Stattdessen muss die Datenbasis so lange mit Beispielen des gewünschten Verhaltensmusters angereichert werden, bis der Bot seine erlernte Auffassung von „richtig“ und „falsch“ ändert.

Optimierung der Kundenkommunikation

Wie aber lassen sich Chatbots sinnvoll in der Kundenkommunikation einsetzen? Und wie sollte ihr Service dosiert werden? Unabhängig von der gewählten Variante stellt sich die Frage, wie mit Missverständnissen umzugehen ist und wo die Grenzen des Bots in der Kommunikation liegen. Wann also ist der Punkt erreicht, an dem der Chatbot ein Problem nicht mehr selbstständig lösen kann, sondern an einen menschlichen Kollegen übergeben muss?

Während Bots keinen Feierabend kennen und grundsätzlich 24/7 einsetzbar sind, stehen menschliche Servicemitarbeiter häufig nicht rund um die Uhr zur Verfügung. Daher gilt es zu entscheiden, ob der Chatbot nur zum Einsatz kommt, wenn die Übergabe an einen menschlichen Kollegen möglich ist oder ob der Dialog außerhalb der Servicezeiten gegebenenfalls abgebrochen wird. Im letzteren Fall könnte der Bot auf die Servicezeiten verweisen oder die Vereinbarung eines persönlichen Termins mit einem Mitarbeiter initiieren. Für diese Entscheidung ist ausschlaggebend, welchen Umfang an Self Services der Chatbot abdecken kann. Sofern hier ein einigermaßen vollständiges Portfolio häufig genutzter Services erreicht wird, scheint ein Rund-um-die-Uhr-Betrieb sinnvoll.

Um Missverständnissen, Unklarheiten und Mehrdeutigkeiten im Dialog mit dem Chatbot vorzubeugen, besteht die Option, von einer Freitexteingabe abzusehen und dem Kunden stattdessen eine begrenzte Auswahl von Antworten vorzugeben. So können durch eine lineare Dialogführung auch die Reaktionsmöglichkeiten des Bots – und damit der Aufwand für den Betreiber – eingegrenzt werden. Die Auswahloptionen können in unterschiedlichen Formaten angezeigt werden. Darüber hinaus können sie zur Visualisierung der verschiedenen Möglichkeiten durch grafische Informationen – zum Beispiel Produktbilder – angereichert werden.

Zusammengefasst ist festzuhalten, dass die Automatisierung des Kundendialogs ein überaus komplexes Anwendungsgebiet ist, auf dem genauestens zu analysieren und abzuwägen ist, für welche Art von Anfragen ein bestimmter Ansatz gewinnbringend implementiert und eingesetzt werden kann. Bots sind eine von mehreren Möglichkeiten, durch die Unternehmen eine der schwierigsten Aufgaben im Geschäftsumfeld, die Kommunikation mit dem Kunden, effizient gestalten können. Nach einer sorgfältigen Analyse und unter Berücksichtigung der oben beschriebenen Besonderheiten, können Bots zu einem entscheidenden Faktor in der Optimierung der Kundenkommunikation werden. Ihre Integration in den Kundendialog führt zu einer signifikanten Einsparung zweier wertvoller Ressourcen: Zeit und Geld. Während zuvor beanspruchte Mitarbeiter von Routineaufgaben entlastet werden und neue Kapazitäten gewinnen, freuen sich Kunden über eine ebenso schnelle wie unkomplizierte Hilfestellung.

Foto von Dr. Moritz Liebeknecht.  Lächelt in die Kamera.
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Dr. Moritz Liebeknecht
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